Nur das »Weh«, es blieb ...

ISRAEL (1959-1974)

© Deutsches Literaturarchiv, Marbach

© Deutsches Literaturarchiv, Marbach

 

Ihrem Mann zuliebe siedelt Mascha Kaléko 1959 nach Israel über und lebt mit ihm in Jerusalem. Aber die »Heimkehr ins Land der Väter« setzt sie einer gnadenlosen Isolierung aus. Das Gedicht »Heimweh, wonach?« gibt davon Zeugnis. Mascha Kaléko war Jerusalems unbekannteste Dichterin, ein Rang, den vor ihr Else Lasker-Schüler innehatte. Nie hat sie dort einen Vortragsabend mit ihren Gedichten gehalten. Der einzige – ein von der Deutschen Botschaft für das Jahr 1975 geplanter – wurde stattdessen zum Gedenkabend. Ihre Iwrithkenntnisse reichen gerade zum Einkaufen. Sie versteht wenig und kann noch weniger sprechen. Mit Freunden in Jerusalem unterhielt man sich englisch, in seltenen Fällen deutsch. Die Isolierung wird hingenommen als etwas schicksalhaft Gegebenes. Die Ironie – in ihrer Jugend einst eine hauchzarte Beigabe, die ihren Gedichten den besonderen Reiz verlieh – ist bitter geworden und verbirgt nur mühsam, wie schwer sie am Leben trägt. Deutlich spürbar wird dies in dem Gedicht »Take it easy«.

Einmal im Jahr – meist im Sommer, um der heissen Jahreszeit in Israel zu entgehen – reist Mascha Kaléko nach Europa, pflegt die alten Kontakte mit Verlegern, Kollegen und Freunden und gibt einige Vortragsabende.

1968 stirbt überraschend der einunddreißigjährige Sohn Steven in den USA. Ein angehender Star am Broadwayhimmel, hatte er nicht nur seine Musicals selbst geschrieben, sondern sie auch komponiert und inszeniert. Sein Tod ist für die Dichterin der Beginn des eigenen. Rückschauend wird deutlich, dass der Anfang ihrer Todeskrankheit mit diesem Schicksalsschlag, dem sie poetisch in ihrer »Elegie für Steven« ein Denkmal setzte, zusammenfällt. Im Dezember 1973 erliegt ihr Mann Chemjo Vinaver einem langjährigen Leiden. Ab diesem Zeitpunkt verlässt sie kaum mehr ihre Wohnung.

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