Heimweh nach den Temps perdus

EXIL IN AMERIKA (1938-1959) 

© Deutsches Literaturarchiv, Marbach

© Deutsches Literaturarchiv, Marbach

 

Amerika bot die Möglichkeit zum Überleben – mehr nicht. Und das Überleben war hart. Chemjo Vinaver, der sich sein Leben lang mit chassidischer Synagogalmusik beschäftigt hatte, gründete einen Chor und gab Konzerte. Da er des Englischen kaum mächtig war, war ihm seine Frau im täglichen Leben unentbehrlich. »Die Leistung der Frau in der Kultur« bestand also in erster Linie in der Unterstützung des Gatten.

Exil bedeutet für einen Dichter einen unheilbaren Bruch im Leben, denn dadurch verliert er das Publikum, das seine Sprache spricht. Den Verlust des literarischen Ruhmes hat Mascha Kaléko vielleicht verwunden, die Entwurzelung nie – dafür gibt es kein wirkliches »Rezept«.

Ihre Gedichte sind unlösbar Ausdruck ihres persönlichen Lebens und Schicksals. Sie stehen für ihre ganze Existenz. Was sie in den ersten Emigrationsjahren dichtet, zeugt vom Heimweh nach der verlorenen Heimat, wie beispielsweise das Gedicht »Der kleine Unterschied«. Sie versucht ihrer Sehnsucht nach Deutschland durch Poesie zu entrinnen. Ihre Exilgedichte erschienen 1945 in dem Band ›Verse für Zeitgenossen‹ in Cambridge, USA. Das durfte man durchaus als Erfolg werten, war es doch einer der wenigen Lyrikbände in deutscher Sprache, die damals in den Vereinigten Staaten erschienen sind. Geld allerdings brachte der Band kaum, und das hätte die dreiköpfige Familie dringend nötig gehabt.

Die Entwurzelung bezwingt Mascha im Sichhingeben an die Nächsten, die Familie, die wenigen Freunde, die noch zählen. »Zur Heimat erkor ich mir die Liebe« wurde nicht nur eine Verszeile, sondern gelebte Maxime.

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Die paar leuchtenden Jahre

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